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Konstruktionsgrammatische Annotation und semantische Rollen

Eine der Voraussetzungen dafür, #BedeutungsFormPaare analysieren zu können, ist, dass man schlüssig, nachvollziehbar und wiederholbar semantisch annotieren kann.

Zum einen nutze ich die von Polenzschen Rahmen, mit denen man Verben semantisch klassifizieren kann (HANDLUNG, VORGANG, ZUSTAND, EIGENSCHAFT [vgl. Ziem/Lasch 2013: 124 sowie Lasch 2016: 36-44), um Konstruktionsbedeutungen zu spezifizieren – eine der Transferkonstruktionen kann man bspw. genauer identifizieren als HANDLUNG ‘GEBEN’ (eine andere wäre HANDLUNG ‘ERWERBEN’) mit den obligatorischen Rollen AGENS (AG), BENEFAKTIV (BEN) und AFFIZIERTEM OBJEKT (AOB). In diese Konstruktion können auch Verben eingebettet sein, die diese Transferbedeutung wie im unterhalb verlinkten Strukturschema nicht mitbringen — die Konstruktion erzwingt dann die entsprechende Lesart (cooercion). Zum zweiten greife ich auf das mittlerweile ausgebaute Set an semantischen Rollen von Peter von Polenz zurück, das man auf Argumentstrukturebene durch Frameelemente erweitern kann:

Zum dritten arbeite ich im Moment daran, verbale Konstruktionen zu klassifizieren:

An drei Beispielkonstrukten aus dem ersten Schaubild möchte ich (unterhalb der propositionalen Ebene) verdeutlichen, wie diese Einbettungsstrukturen, die ganzheitlich Konstruktionsstatus haben, zu verstehen sind:

Ich stricke Dir einen Schal. [KxN_TEMPORALITÄT(Präsens)[TRANSFER_KxN]]

Zum letzten Geburtstag strickte ich Dir einen Schal. [KxN_MODALITÄT[KxN_TEMPORALITÄT(Präteritum)[TRANSFER_KxN]]]

Du hast mir noch nie einen Schal gestrickt. [KxN_MODALITÄT[KxN_TEMPORALITÄT(Präsens)[KxN_PERFEKTIVITÄT(Präsensperfekt)[TRANSFER_KxN]]]]

Die stets aktuelle Version (2021) ist hier verfügbar. Zitation: Alexander Lasch. 2021. BedeutungsFormPaar. Zenodo. https://doi.org/10.5281/zenodo.5812044.

Allerdings ist das semantische Rollenset noch nicht umfassend genug, um z.B. Geltungsmodifikation wie im letzten Beispiel erfassen zu können. Deshalb wird das Set in einer Arbeitsfassung erweitert um den GELTUNGSMODIFIKATOR (GM) mit NEGATIV (NEG) und MODIFIKATIV (MOD) mit zu diskutierenden Subkategorisierungen; SITUATIV (mit LOC und TE) werden separat ausgewiesen. Im selben Zug, da schon längst überfällig, wird der REFLEXIV (RFL) ergänzt. Diese Rolle hat strukturelle Bedeutung, um darauf hinzuweisen, dass AGENS und OBJEKT (inkl. PATIENS und aller Subkategorisierungen) zusammenfallen.

Das Rollenset ist prinzipiell offen und erweiterbar. Es ist als schematische Abstraktion aus Analyseergebnissen sprachgebrauchsbasierter Ansätze aufzufassen und dient zur Repräsentation postulierter Konstruktionen. Die obige Darstellung gibt den aktuellen Stand (31.12.2021) wieder. Das Rollenset kann hier in der aktuellen Fassung als PDF bezogen werden. Zitation: Alexander Lasch. 2021. Semantische Rollen. Zenodo. https://doi.org/10.5281/zenodo.5812054.

 

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