Sprache als System

Unter allen Individuen, die wie beschrieben durch Sprache [langage] verbunden sind, bildet sich eine Art arithmetisches Mittel heraus; sie verwenden – sicher nicht genau, aber doch ungefähr – die gleichen Zeichen, die mit den gleichen Vorstellungen verknüpft sind.

Wo liegt nun der Ursprung dieser sozialen Kristallisation? […]

Dank dem Funktionieren der rezeptiven und koordinativen Fähigkeiten bilden sich bei den Sprechern bleibende Eindrücke, und zwar offenbar letztlich bei allen in etwa die gleichen. […] Könnten wir die Summe der Wortbilder erfassen, die bei allen Individuen gespeichert sind, hätten wir das soziale Band vor uns, das die Sprache [langage] ausmacht: ein Schatz, angesammelt durch die Praxis der Rede [parole] bei allen Mitgliedern ein und derselben Sprachgemeinschaft, ein grammatisches System, das virtuell in jedem Hirn existiert, oder genauer in den Hirnen einer Gesamtheit von Individuen; Sprache [langue], so verstanden, ist in keinem Individuum komplett vorhanden; vollkommen existiert sie nur in der Masse. [de Saussure 2016, S. 16]